Von der Skigymnastik zum Basketball

Die Basketball-Abteilung des SV Germering hat eine bewegte Geschichte hinter sich: mit vielen Höhepunkten, aber auch manchen Rückschlägen.

60er Jahre: Kräftige Jungs

Der Basketballsport beim SV Germering hat eine fast 50-jährige Tradition. Er nimmt seinen Anfang in der alten Turnhalle an der Wittelsbacherstraße. Im Anschluss an die Skigymnastik (Übungsleiter: Dr. Volker Black) versuchen einige großgewachsene und kräftige Jungs Bälle in die Körbe zu werfen – darunter Gerald Krause (†), Engelbert und Wolfgang Meyer. Sie finden Gefallen an der damals in Deutschland noch relativ unbekannten Sportart und gründen 1968 beim SVG eine eigene Abteilung. Ein Jahr später wird der offizielle Spielbetrieb aufgenommen. Die erste Partie gegen den TSV Milbertshofen geht klar verloren. Doch das wird sich schnell ändern.

70er Jahre: Von Sieg zu Sieg

Bereits in den Anfangsjahren eilt die Mannschaft von Erfolg zu Erfolg. Unter der Leitung von Spielertrainer Peter Fömpe (siehe Interview) gelingt 1970 der Aufstieg in die A-Kasse und 1972 in die Bezirksliga. Die Partien werden damals in der kleinen Halle des Max-Born-Gymnasiums ausgetragen. Bei Spitzenspielen müssen Zuschauer sogar abgewiesen werden, weil kein Platz mehr in der Halle ist. Leistungsträger der damaligen Mannschaft sind neben Peter Fömpe Manfred Neumeier, Fritz Feilner, Jurji Gartner, Dr. Helmut Stahl und Roland Dörfler.

1975 schafft die Mannschaft schließlich den Aufstieg in die Oberliga und 1982 in die Regionalliga, der damals dritthöchsten Spielklasse in Deutschland. Bis zu 450 Zuschauer verfolgen die Partien in der neuen Halle an der Kirchenschule.

Der Erfolg des Germeringer Basketballer ist auch eng verbunden mit Hermann Christl. Der Sport-, Deutsch- und Erdkundelehrer am Max-Born-Gymnasium bietet Anfang der 70er Jahre eine sogenannte Neigungsgruppe Basketball an. Die Resonanz ist gewaltig – teilweise nehmen mehr als 50 Kinder dieses Angebot an. Der Erfolg bleibt nicht aus: Mehrfach qualifizierten sich MBG-Mannschaften für die „Jugend trainiert für Olympia“-Endrunde in Berlin. Viele Talente wie beispielsweise Jungendnationalspieler Heiner Röhrl finden so den Weg zum SV Germering.

Später setzt sein Sohn Thomas Christl die erfolgreiche Jungendarbeit beim SV Germering fort. Ihm ist es zu verdanken, dass sowohl Mädchen als auch Jungs über Jahre hinweg eine hervorragende Basketball-Grundausbildung erhalten.

80er Jahre: Erster Höhenflug

Zwei Jahre kann sich das Team von Trainer Peter Fömpe in der damals dritthöchsten deutschen Liga behaupten – zu den Auswärtsspielen geht es nach Würzburg, Bamberg, Bayreuth und Ansbach. Leistungsträger der Mannschaft sind unter anderem die Germeringer Urgewächse Rudi Auer, Helmar Kandzia, Eckhart und Sigmar Henrich, Bernd und Peter Kanzler.

Auch nach dem Abstieg spielt der SV Germering in Oberbayern eine wichtige Rolle. Unter den Trainern Dr. Klaus Wollenberg, Volker Gundrum und Thomas Christl rangiert die Mannschaft viele Jahre im oberen Mittelfeld der Oberliga. Vor allem Jens Sölch, der später zum FC Bayern München in die zweite Bundesliga wechselt, begeistert die Zuschauer mit spektakulären Dunkings und erfolgreichen Drei-Punkt-Würfen. Die Stimmung in der Halle an der Kirchenschule ist großartig (auch nach Niederlagen). Nach den Partien treffen sich Spieler und Zuschauer in der stets „ausverkauften“ Gaststätte „Wendlstoaner“. Wirt Arthur Klauser (†) serviert regelmäßig würziges Kesselfleisch für seine „Burschen“.

Nicht nur die Germeringer Männer sind erfolgreich. 1982 steigen die Damen des TSV Unterpfaffenhofen-Germering sogar in die Bundesliga Süd auf, der damals höchsten deutschen Spielklasse. Beste Spielerinnen beim TSVUG sind Petra Stehle, Hanna Drazdansky, Nicole Stallmann, Petra Wittmann, Brigitte Manzinger, Ilse und Evi Roquette. Das Team reist zu Auswärtsspielen unter anderem nach Frankfurt, Marburg, Langen, Nürnberg und Heidelberg. Trainer der Mannschaft ist der junge Thomas Christl. Zwei Jahre hält sich die Mannschaft in der höchsten Liga.

Auf dem Weg zu einer großen Basketball-Karriere befand sich Peter „Bunny“ Platsch. Schnell wurde unter seinem ersten Trainer Hermann Christl deutlich, dass hier ein großes Talent heranwächst. Der Aufbauspieler (Jahrgang 1969) durchlief für den SVG alle Auswahlmannschaften und errang mit Bayern im Finale gegen Hessen (mit dem späteren Bundestrainer Henrik Rödl) sogar die deutsche Meisterschaft. Es folgte eine Einladung zur deutschen Junioren-Nationalmannschaft, doch kurz danach beendete ein Verkehrsunfall seine Karriere. „Bunny“ spielte zwar noch für DJK München in der zweiten Liga und später auch für den SV Germering – doch eine noch größere Karriere blieb ihm verwehrt.

90er Jahre: Vrkas übernimmt

Nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ wächst die Abteilung. Viele Jahre nehmen vier Männer- und zwei Damen-Mannschaften am Ligabetrieb teil – und das durchaus erfolgreich. Die Herren spielen meist in der Oberliga  und schnuppern häufig am Aufstieg. Zunächst trainiert Volker Grundrum die erste Mannschaft. Er engagiert sich nicht nur im Senioren-, sondern vor allem auch im Juniorenbereich. Unter seiner Regie erreichen mehrfach Jugendmannschaften die Endrunde zur bayerischen Meisterschaft. Aus dieser Talentschmiede entstammen unter anderem die Bayernauswahlspieler Jens Sölch, Gerd Winklbauer und Thorsten Wünsch.

Nach dem berufsbedingten Wechsel von Volker Gundrum nach Hamburg übernehmen – nicht minder engagiert – die Germeringer Helmar Kandzia und Peter Platsch das Traineramt beim SVG.

Unter der Abteilungsleitung von Thomas Christl erfolgt 1994 die Fusion der Basketballer des SV Germering und des TSV Unterpfaffenhofen-Germering.

Mitte der 90er Jahre sichern sich die Basketballer dann erstmals die Dienste von Edo Vrkas. Der ehemalige kroatische Zweitligaspieler wird Spielertrainer und engagiert sich auch im Jungendbereich intensiv. Die Abteilung bekommt nun deutlich professionellere Züge. Fast jedes Jahr qualifiziert sich eine männliche und weibliche Jugendmannschaft für die bayerische Meisterschaft.

00er Jahre: Glanzvolles Jahrzehnt

Es ist das sportlich erfolgreichste Jahrzehnt für die Basketballabteilung. Mit knapp 300 Mitgliedern ist der SV Germering einer der größten Basketballvereine Bayerns. Dank der hervorragenden Jugendarbeit durch Edo Vrkas, Markus Scheerer, Werner Heimerl, Andreas Neumeier, Benni Kuhn, Michaela Decker, Theresia und Carsten Hofmann, Michaela und Thomas Christl erlebt die Abteilung einen Höhenflug. In manchen Jahren sind 16 Nachwuchsmannschaften – meist in den Leistungsklassen – gemeldet. Jedes Jahr qualifizieren sich Jugendteams für bayerische Titelkämpfe. Besonders die weibliche Jugendarbeit gilt als Aushängeschild der Abteilung: Die U20 wird gar mehrfach bayerischer Meister. Leistungsträgerinnen des Teams von Trainer Carsten Hofmann sind Nicole Schmidt, Lisa Kiemer, Sabrina Schmidtke, Franziska Kümpfbeck und Aida Azzaoui. Sabrina Schmidtke erhält gar eine Berufung in den Kader der Jugendnationalmannschaft.

Bei den Jungs qualifiziert sich die U16 erstmals für die Jugend-Bundesliga (JBBL). Mehrere Spieler schaffen später sogar den Sprung in die Bundesliga oder Pro A – darunter Leo Vrkas, Ole Sebald, Niels Liebchen und Stephan Haukohl.

Auch im Erwachsenenbereich sammeln die Teams Erfolge. Die Herren steigen in die zweite Regionalliga, die Frauen gar in die zweite Bundesliga auf. Die Halle des Max-Born-Gymnasiums ist stets gut besucht und die Stimmung phantastisch. Prägende Spieler in dieser Zeit sind unter anderem Tobias Schöpf, Nico Reis, Karl Haider, Ulf Leipnitz und Przymislav Migala

Bei den Damen sind es Theresa Schollweck, Sabrina Schmidtke, Nicole Schmidt, Resi Streng und Franziska Kümpfbeck – fast alle entstammen der eigenen Jugend.

Und auch die Oldies mischen kräftig mit: 2008 qualifiziert sich die Ü45-Mannschaft des SV Germering erstmals für die Endrunde zur deutschen Meisterschaft. In Bochum erreichten die alten Herren Platz acht. Es ist der Beginn einer langjährigen Erfolgsgeschichte. In den folgenden elf Jahren qualifiziert sich das Team um Edo Vrkas, Gunther Kiemer, Manfred Kügler, Petr Vaclavek, Robin Das Gupta, Michael Kobl, Bernd und Peter Kanzler zehnmal für die Endrunde zur deutschen Meisterschaft. Platz sechs bei den Titelkämpfen 2010 in Bamberg ist das beste Ergebnis.

10er Jahre: Abstiege und Neuanfang

Die Blütezeit der Abteilung ist vorerst vorbei: Verdiente Trainerinnen und Trainer – darunter Werner Heimerl, Michaela Decker und Michaela Christl – beenden ihr Engagement. Thomas Christl verlässt nach 32 Jahren überaus erfolgreicher Trainertätigkeit im Unfrieden den Verein.

Es übernehmen andere Kräfte. Unter der Jugendleitung von Otto Sebald ist die Abteilung wieder in allen männlichen Jugendligen vertreten. Erstmalig geht auch eine U10 unter der Leitung von Carsten Hofmann an den Start. Die erfolgreiche Jugendarbeit trägt auch in dieser Dekade Früchte, wenn auch nicht immer beim Heimatverein SV Germering. Lukas Bierling und Hendrik Wohofsky erringen eine bzw. zwei deutsche Vizemeisterschaften.

Germeringer Gewächse wie Janosch Kögler und Christian Hustert spielen aktuell in der höchsten deutschen Amateurliga beim TSV Oberhaching tragende Rollen. Ole Sebald schafft sogar den Sprung in die Bundesliga!

Nach dem Rückzug aus der Regionalliga und Wiederanfang in der Bezirksoberliga geht es mit den Herren nochmal eine Etage tiefer in die Bezirksliga. Mittlerweile hat sich das Team mit vielen jungen Germeringer Spielern gut etabliert und den Aufstieg spätestens für das nächstes Jahr eingeplant.

Ein Wechselbad der Gefühle erleben die Damen. Nach dem Abstieg aus der zweiten Bundesliga kämpft sich das Team von der Bezirksliga wieder nach oben, feiert mit dem neu verpflichteten Coach Dario Orsolic und dank einer überragenden Theresia Hofmann 2017 die Meisterschaft in der Bayernliga und den Aufstieg in die Regionalliga. Doch dann die überraschende Wende: Nach Meldefrist zieht die Mannschaft aus eigenen Wunsch zurück – mit fatalen Folgen. Derzeit nimmt keine Damen-Mannschaft des SV Germering am Ligaspielbetrieb teil. Bis die nachrückenden Talente aus den Jugendmannschaften soweit sind, können Frauen derzeit lediglich im Freitzeitbereich auf Korbjagd gehen.

Nationalspieler zu Gast in Germering

Ein erster Höhepunkt der jungen Basketball-Abteilung ist das „Ablösespiel“ von Peter Fömpe. Der SV Germering tritt gegen die Bundesligamannschaft von USC München mit den Nationalspielern Holger Geschwindner, Rainer Pethran und Dr. Gerhard Moser an. Die kleine Halle des Max-Born-Gymnasiums ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Manche Zuschauer stehen bzw. hängen gar in den Klettergerüsten. Das Endergebnis ist nicht überliefert.

Interview Peter Fömpe

Die Erfolge der Basketball-Abteilung beim SV Germering sind sehr eng mit Peter Fömpe verbunden. Der ehemalige Chemie- und Sportlehrer am Gilchinger Gymnasium erinnert sich

Wann kamst Du erstmals mit dem Basketball in Berührung?

Eigentlich war ich ein begeisterter Fußballer, doch als 1962 ein neuer Mitschüler aus Chicago in meine Klasse kam und mit Verwunderung feststellte, dass hier niemand Basketball spielt, hat er unserem damaligen Spotlehrer und uns Schülern diese Sportart näher gebracht. Begeistert haben wir nun in der Freizeit mit der roten Plastikkugel geübt und geübt, denn jeder wollte auch so treffen und dribbeln wie unser neuer Klassenkamerad. So ging es los mit meiner Begeisterung für diesen Sport.

Wann kam der Wechsel nach Germering?

Entdeckt und gefördert hat mich Fritz Feilner, Pokalsieger mit dem FC Bayern München und damaliger Trainer beim VfH Pasing. Dort schaffte ich, nach vielen Einzeltrainingseinheiten 1968 den Sprung in die erste Mannschaft (Bayernliga). Der VfH hat dann mit dem USC München fusioniert und so habe ich Kontakt zur Bundeligamannschaft bekommen.

Was war Dein größter sportlicher Erfolg?

Größter sportlicher Erfolg als Spieler war das Erreichen der Endspiele um die Deutsche Meisterschaft 1971, die wir aber leider nach Hin-und Rückspiel verloren.

Nach meiner Bandscheiben-OP im Jahr 1972 habe ich im Anschluss die Leistung für die 1. Mannschaft nicht mehr erreicht und da ich schon beim SVG tätig war, habe ich auch als Spieler in Germering angefangen.

Größter sportlicher Erfolg dort war der Aufstieg in die Regionalliga nach genau zehn Jahren Trainertätigkeit: von der untersten Liga bis in die damals dritthöchste Spielklasse. 1994 habe ich mit dem Basketball aufgehört. In meiner Zeit beim SVG war ich auch sechs Jahre im Vorstand des Vereins.

Was war Dein emotionalster Moment?

Beim USC München als im Finale um die Deutsche Meisterschaft die Nationalhymne gespielt wurde. Und beim SV Germering das gewonnene Aufstiegsspiel in die Regionalliga. Du stehst in der Halle, alle Menschen um dich herum jubeln, du bist ganz still und versuchst zu begreifen, was gerade passiert ist. Ein toller Moment.

Besondere Personen des Vereins

Dr. Helmut Stahl beendete 2016 im Alter von 73 Jahren (!) seine aktive Basketballkarriere. Er wurde vom Bayerischen Basketballverband mit dem goldenen Ehrenbasketball ausgezeichnet.

Peter Kanzler spielt – mit kurzen Unterbrechungen – seit 1971 für den SV Germering. Der 60-Jährige ist nach wie vor in der zweiten Mannschaft aktiv und hat für den SVG mehr als 1000 Pflichtspiele absolviert.

Gunther Kiemer ist seit 1972 bis heute ununterbrochen als Spieler, Trainer  und Funktionär für die Abteilung aktiv.

Ralf Barthel darf sich über einen einzigartigen Rekord freuen. Er spielte einmal für den SVG, warf einmal auf den Korb – und traf. Experten sprechen von einer 100prozentigen Trefferquote!

Dirk Sancken spielte insgesamt 24 Jahre (!) für die erste Mannschaft des SV Germering.

Uli Kreß ist seit Jahrzehnten der kritische Geist der Abteilung. Er prüft, ob die Umkleiden sauber, der Boden nicht zu staubig, die Fenster geschlossen, die Vorhänge zugezogen und die Lichter gelöscht sind. Auch war er in dieser Zeit für den reibungslosen Ablauf des Spielbetriebs unverzichtbar. 2017 hat er sich aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen. Er überwacht aber weiterhin den korrekten Umgang mit unserer Spielstätte, der Max-Born-Halle.

Von Germering in die Bundesliga

Folgende Bundesligaspieler/innen spielten einst in der Jugend beim SV Germering:

Dean Kovacevic (S. Oliver Würzburg)
Leo Vrkas (TI Gießen)
Ole Sebald (TV Crailsheim)
Jens Kollat (Steiner Bayreuth)
Stefan Haukohl (Mitteldeutscher Basketball Club)
Jens Sölch (Bayern München)
Alex King (Bayern München)

Theresia Hofmann/ehem. Schollweck (MTSV Schwabing/Nördlingen)
Nicole Schmidt (Jahn München)

Stand: 2018

Einen großen Dank geht hier an den Autor unserer Chronik Peter Kanzler